12. Oktober 2018 – Zubiri – Arre (16,5 km)
So nett die Herberge auch war, die Nacht war schlimm. Da kann die Herberge an sich aber auch gar nichts für. Nicht nur dass ich nicht wusste, wie ich meine Beine bzw. das Knie am besten lege, so dass es am wenigsten zwickt. Nein, am Fenster des kleinen und mit 8 Leuten voll belegten Zimmers musste natürlich derjenige schlafen, der partout das Fenster geschlossen halten wollte. Es war so irre warm, die Luft war so schlecht… Am Morgen hätte man am Fensterrahmen Moos oder Pilze züchten können! So ohne Weiteres konnte ich auch schlecht von meinem Bett runterklettern, um heimlich, still und leise das Fenster zumindest einen Spalt weit zu öffnen.
Ich habe es auch nicht bis nach Pamplona geschafft, sondern bin in Arre, einem kleinen Vorort hängen geblieben. Ich kann einfach nicht mehr. Die Beine tun weh und ich bin hundemüde. Dabei war die Etappe heute recht einfach, aber mir stecken noch die beiden letzten Tage in den Knochen. Meine Bekannten der letzten Tage sind heute früh wieder an mir vorbeigezogen. Die werde ich wohl nicht wiedersehen, denn wenn ich morgen nach Pamplona starte sind sie ja schon auf der nächsten Etappe. Weiter möchte ich eigentlich nicht gehen, da ich mir die Stadt auf jeden Fall in Ruhe anschauen möchte. Außerdem muss ich ja zum Optiker…
So richtig, richtig schlimm war die Tour heute eigentlich gar nicht. Aber irgendwann ging es eine Treppe hoch. Das Teil hat mich echt fertig gemacht. Aber so eine Treppenstufe ist ja auch eine tolle Sitzgelegenheit, also war auf halber Treppe eine Verschnaufpause angesagt.
Apropos Treppe – gleich hinter Zubiri geht es über eine lange Treppe erst einmal bergab halb durch einen Steinbruch bzw. ein Zementwerk, halb dran vorbei. Fürs Auge ist das sicherlich nichts, für die Knie auch nicht. Aber wenn man da erstmal dran vorbei ist, geht der Rest der Etappe im Grunde nur noch durch die Natur.
Meine Herberge für heute Nacht ist jedenfalls die “Trinidad de Arre”, eine alte Basilika, teilweise aus dem 12. Jahrhundert. Richtig schick gemacht, der Innenhof ist toll. Aber das Wichtigste ist, das Bett ist bequem und die Dusche ist sauber und heiß.
Ich weiß gar nicht, wie das sein kann, dass ich der erste in der Herberge war? Klar, die meisten laufen weiter bis nach Pamplona, aber angeblich gibt es ja ganz viele Pilger, die die großen Städte und “klassischen” Etappenziele meiden. Aber mir kann das ja egal sein, immerhin habe ich so die freie Bettwahl.
Der Trick mit dem Spanngurt als Ersatz für den Verschluss am Bauchgurt meines Rucksacks hat geholfen. Sogar so gut, dass ich das zur Dauerlösung für den Camino machen werde. Bleibt die Brille, aber ein Optiker wird sich in Pamplona wohl finden lassen.
Mein Knie tut weh, aber nur, wenn ich es länger in einer Position lasse. Beim Laufen geht’s, da merke ich überhaupt nichts. Morgen nur 4 km bis Pamplona bzw. zur nächsten Herberge, dann kann es sich einen halben Tag lang ausruhen. Und ich mich auch.
Anton aus Nicht-Tirol ist auch hier untergekommen. Aber nicht, weil er nicht weiter konnte, sondern weil er nicht weiter wollte. Er sei jetzt oft genug durch die großen Städte und die Vororte gelaufen, das tue er sich nicht mehr an. Er steigt also morgen früh in einen Bus, fährt bis hinter Pamplona und läuft von dort aus dann weiter. Im Nachhinein, da ich diese Berichte hier schreibe, kann ich das sehr gut nachfühlen – die Strecken durch die großen Städte waren (mit Ausnahme der Zentren) weder schön, noch angenehm zu laufen.