Fehlt da nicht irgendetwas?
…ich behaupte: Nein!
Um was geht es überhaupt? Nun, ganz einfach um ausführliche Beschreibungen, wie man sich auf eine so lange Wanderung vorbereitet, was und wie man so alles in den Rucksack packt und natürlich ausführlichste Empfehlungen für Schuhe, Outdoorkleidung und, und, und… Die wird es hier nicht geben, ganz einfach.
Ich bin nicht der fitteste Mensch, ganz im Gegenteil. Ich bin auch nicht der spontanste Mensch. Eigentlich will bei mir alles zweimal gut überprüft sein. Meistens bin ich überhaupt nicht aus der Ruhe zu bringen, aber wenn etwas nicht so läuft, wie geplant, bin ich schnell gestresst und lasse das viel zu oft dann auch meine Mitwelt spüren. Genau deswegen gehe ich wandern – tief durchatmen in frischer Luft, auspowern, den Kopf frei bekommen. Aber bei einer Tagestour, wohlmöglich noch zu mehreren, ist das dann allerhöchstens temporäre Entspannung. Also bin ich auf den Camino, mit voller Absicht raus aus meiner Wohlfühlzone.
In den Monaten vor meinem Start habe ich mich sportlich überhaupt nicht betätigt. Beruflich voll eingespannt und immer schön ungesundes, schnelles Essen. Dabei hat sich einiges an überflüssigem Gewicht angesammelt (und ich bin ohnehin nicht eben schlank). Aber ich habe es geschafft, auch ohne vorher wochenlang zu trainieren. Bitte nicht falsch verstehen – das ist keine Empfehlung, in jedem Fall oder in jeder Situation einfach los zulaufen. Ich sage nur: Macht Euch nicht zu viele Gedanken. Lauft so weit, wie ihr könnt oder Euch traut. Hört dabei auf Euren Körper. Es ist keine Schande, oft und längere Pausen zu machen oder nicht bis ans “geplante” Tagesziel zu kommen. Den inneren Schweinehund jeden Tag ein bisschen kitzeln, das reicht meistens schon. Zugegeben, es hilft, wenn man weiß, wie ein großer Wanderrucksack zu tragen ist, d.h. man sollte die verschiedenen Riemen schon einstellen können. Das gilt aber bei einem Wochenendtrip genauso, wie bei einem mehrwöchigen Camino.
Was auf einer solch langen Tour natürlich hilft, ist vernünftige Ausrüstung. Da kommt man gar nicht drum ‘rum. Bequeme, passende Schuhe. Ein Rucksack, der auch zur Körpergröße passt. Wasserdichte, halbwegs schnell trocknende, unempfindliche Kleidung. Welche Marken dass das sind ist völlig Wumpe. Ich würde nur nicht unbedingt zur Ramschware oder billigen China-Importen raten, da das Material ja auch eine gewisse Standfestigkeit braucht.
Zeitlos sein
Wenn ich euch aber für Euren Camino einen Rat geben darf: Nehmt keine Armbanduhr mit! Die Zeit spielt auf dem Jakobsweg in 95 % der Fälle keine Rolle. Lasst Euch treiben. Wenn Ihr ein Handy dabei habt, stellt Euch damit, wenn es sein muss, morgens den Wecker. Schaut damit am Etappenziel nach, wann die Siesta endet und ihr Einkaufen könnt; und beim Abendessen, wann Sperrstunde in der Herberge ist. Mehr braucht es nicht. Leben ohne Zeit ist absolut befreiend. Auch wenn das jetzt arg philosophisch klingt.
Buen Camino!