17. Oktober 2018 – Ayegui – Los Arcos (20,6 km)
Die öffentliche Herberge in Ayegui war trotz allem ganz ok. Riesiger Schlafsaal mit nur 6 Leuten belegt. Ich und fünf Koreaner*innen. Ich sag mal so: Gegenseitige Rücksichtnahme auf Leute, die schlafen wollen, war nicht deren Stärke. Aber auch so habe ich schlecht geschlafen und war, wie die letzten Tage eigentlich immer, zwischendurch immer mal wieder wach. Nachts meldet sich, trotz dass ich es über Tag eigentlich gemütlich angehen lasse, auch immer mein Knie und ich weiß nicht, wie ich mich am besten legen soll, dass es am wenigsten wegtut. Dafür ist es beim Laufen aber brav, da ist das wohl das kleinste Übel. Nach dem Wandern und nochmal vor dem Schlafen ordentlich Voltaren drauf, das hilft sicherlich auch.
Um 7:15 Uhr bin ich heute Morgen losmarschiert. Toller Sternenhimmel, superschöner Sonnenaufgang, angenehm kühl. Um den berühmten Weinbrunnen von Irache vernünftig bewundern zu können, war es leider noch zu dunkel – und um mir einen Schoppen Wein zu genehmigen, noch zu früh.
Ich – schon wieder (oder immer noch?) ganz schön fertig
Die letzten 10 km bis Los Arcos haben sich gezogen wie Kaugummi, sandig, trocken, öde. Ein Brasilianer, der uns gestern schon einmal unterwegs begegnet ist, war heute mein Begleiter. Zumindest haben wir uns zwischendurch immer wieder gegenseitig überholt und versucht, uns zu motivieren. So schlimm war das letzte Stück vor Los Arcos dann doch nicht. Zwar war es wirklich staubig und fast schon zu warm, aber insgesamt ok. Im Sommer bestimmt ein Glutofen. Auf halber Strecke gab es überraschenderweise doch einen Trinkbrunnen, der aber leider trocken war. Dafür gab es ein paar Kilometer weiter einen Food Truck, dessen Angebot ich dankbar angenommen habe. Habe kurz überlegt, mir ein isotonisch wertvolles Bier zu genehmigen, habe es dann aber doch bei einer Coke Zero belassen. Der Brasilianer hat sich für die Hopfenkaltschale entschieden, bin schon ein bisschen neidisch.
Kurz vor 13 Uhr war ich dann schon in Los Arcos, gerade rechtzeitig, als die Herberge ihre Pforten geöffnet hat. Hatte sogar kurz überlegt, doch noch weiter zu laufen, aber Dank Schnupfen war sich so kaputt und müde, ich wollte mich nur noch ins Bett legen. Außer der laufenden Nase und dem Niesen ist es aber nicht schlimmer geworden. Vor allem unterwegs merke ich da fast gar nichts von. Hoffe, das bleibt so. Außerdem wären es noch einmal 8 km in sengender Sonne gewesen, dann lieber wieder morgen ein wenig früher, d.h. in der Dämmerung, los. Wenn ich ganz viel Muße habe, nehme ich vielleicht die vollen 30 km bis Logroño in Angriff. Dafür muss es mir aber wirklich richtig gut gehen.
Habe meine Klamotten gewaschen und zweimal gut von Hand ausgewrungen – trotzdem sind die Sachen noch ziemlich nass. Die werden wohl bis morgen nicht trocken, zumal es keine Möglichkeit gibt, sie vernünftig aufzuhängen und die komische Walze mit Handkurbel zum Auswringen, die im Garten steht, ist leider kaputt. Aber für den Fall habe ich ja die 2. Garnitur dabei. Dann muss ich nur schauen, wie ich die Sachen am besten außen am Rucksack festmache, dass sie unterwegs trocknen. Was mir aber ein bisschen gegen den Strich ging, war der Vortrag des Hospitalero, der mir in feinstem Steirisch dargelegt hat, das sei ich schließlich selbst Schuld, ich solle halt ultra-moderne Hightech-Wäsche tragen, die quasi von selbst in 10 Minuten trocknet. Ich sage nichts, nicke nur und denke mir meinen Teil.
Auf dem Weg zum Abendessen zufällig Apu und Sylvia (seine Frau aus Tschechien), Paul den Australier und Petra wiedergetroffen, die Welt ist klein. Tanja ist wohl schon zum nächsten Ort weiter. Sie sitzen am Marktplatz vor einem Restaurant und warten auf ihr Abendessen. Ich setze mich kurzerhand dazu, denn heute finde ich ein bisschen Gesellschaft gar nicht verkehrt – und was soll ich alleine in der Herberge sitzen?
Paul hatte ich schon in Mañeru getroffen. Er hat von seiner ersten Etappe erzählt – bei der Pyrenäenüberquerung hat er es absolut richtig gemacht: da ihm absolut bewusst war, dass er es mit seinen kaputten Knien nicht an einem Tag bis Roncesvalles schafft, hat er irgendwann ein Taxi gerufen. Mit dem Fahrer hatte er schon morgens die Abholung vereinbart. Also zurück nach Saint-Jean, da gemütlich die Nacht verbracht und am nächsten Morgen mit dem Taxi wieder hoch an die selbe Stelle und weiter ging’s. Genial!