Camino Francés Tag 9 – Abends ein Eis für’s Gemüt

18. Oktober 2018 – Los Arcos – Logroño (29,0 km)

Die Casa Austria hat ihre besten Tage wohl hinter sich. Schön, dass es Weißbier gibt, aber der im gelben Pilgerführer noch als „sehr schön“ beschriebene Hof ist komplett mit altem Kram vollgestellt und die Sitzmöbel sind zumeist jenseits jeder Reparaturmöglichkeit. Wenigstens war der Schlafsaal sauber und das Bett einigermaßen bequem. Der Hospitalero war nach seinem Vortrag bei mir eh untendurch.

Mit mir waren unter anderem zwei Damen aus Deutschland im Schlafsaal – ständig am schnattern, architektonisch dies, kunsthistorisch das und um 9 Uhr hatte das Licht aus zu sein. Selbst für ein „hallo“ hat es nicht gereicht, als sie in den Schlafsaal geschneit sind.

Ich habe heute doch die knapp 30 km (zumindest laut Pilgerführer, gefühlt waren es eher 35) bis nach Logroño in Angriff genommen. War früh wach, da bin ich gleich los. Gegen 13 Uhr war ich schon in Viana, da hielt ich es für eine tolle Idee, die restlichen 7 km bis Logroño auch gleich noch mitzunehmen, zumal der Ort eine einzige Baustelle ist. Fehler! Nicht wegen der Länge, aber es ging am Ende zu großen Teilen über Asphalt und Beton durch Gewerbegebiete, furchtbar. Irgendwann ging es sanft bergab in Richtung einer Unterführung, alles supi. Aber wenn man da durch ist, steht man am anderen Ende vor einem wirklich steilen Anstieg (So zumindest in meiner Erinnerung, da gleicht das Hügelchen dem Mount Everest…). Helle Freude, aber sowas von. Psychologisch für den Hintern. Komischerweise musste ich beim Kampf nach oben daran denken, dass das für die Kiddies aus Logroño bestimmt eine super Abfahrt zum Schlittenfahren ist.

Habe mir eine etwas abseits gelegene Herberge ausgesucht. Ist zwar nicht um die Ecke des Stadtzentrums, ich musste gleich nach der Brücke über den Ebro nach links abbiegen, aber dafür durfte ich mir mein Bett aussuchen, weil ich der erste war. Dazu hatte ich dann auch gleich ein Doppelbett, weil „heute sowieso nicht so viele kommen“. Hospitalera Maria hat mich auch gleich unaufgefordert mit allen wichtigen Details versorgt. Aber ich wollte nicht unhöflich sein, nur weil ich schon weiß, wie ein Wasserhahn funktioniert. Die Stadt werde ich mir aber heute nicht mehr anschauen, ich kann und will keinen Meter mehr gehen.

Für morgen habe ich mir vorgenommen, nur eine kurze Etappe von etwa 12 km zu laufen, bis Navarrete. Das wäre ein schönes Ziel mit ausreichend Auswahl, was Herbergen angeht. Aber mal schauen, wie es sich morgen läuft. Heute war es mir zum Nachmittag hin einfach viel zu warm. Das hat das Ganze dann doch ein kleines bisschen unentspannt gemacht, aber unterm Strich war es noch absolut im Rahmen.

Auf dem Weg nach Logroño habe ich mir von Maria (nicht die Maria aus der Herberge), einer der „Camino-Berühmtheiten“ noch einen Stempel für meinen Pilgerpass abgeholt. Die Stadt schon in Sichtweite, taucht ihr kleiner, unscheinbarer Stand irgendwann rechts am Wegesrand auf. Eigentlich wollte ich auch noch ein kleines Souvenir kaufen, aber was die Preisgestaltung angeht, war mir Maria dann doch zu geschäftstüchtig.

2 Gedanken zu “Camino Francés Tag 9 – Abends ein Eis für’s Gemüt

  1. Audrey im Wanderland – Bloggerin bei Audrey im Wanderland, meinem Fernwanderblog, auf dem ich fast 2.500 erwanderte Kilometer Etappe für Etappe zum Leben erwecke. Nach dem „Prinzip Lindenstraßen“ gibt es jeden Sonntag einen neuen Tagesbericht zum Nachlesen.
    Audrey im Wanderland

    Sie ist wieder da! Nach Maria haben wir uns vergeblich umgesehen und auch das andere Camino-Maskottchen (der Typ, der sich als traditioneller Pilger verkleidet) war spurlos verschwunden

    1. Maskottchen finde ich gut 😀
      Ich habe mich mit einigen Pilgern über ihn unterhalten – von Papa Schlumpf über Gandalf bis Papa Kelly war alles dabei. Nur unter Marcellino kannte ihn niemand.

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