Camino Francés Tag 32 – Mmmmmh, Landluft

10. November 2018 – Triacastela – Sarria (19,2 km)

Ich habe heute so richtig Bock gehabt. Etwa 20 km bis Sarria und nur ein kleiner Berg auf der heutigen Strecke waren jetzt auch keine so riesige Herausforderung. Wobei es am Anfang, als es durch Wald und an einem Bach entlang ging, schon fast unangenehm schwülwarm war. Aber hey – Waldwege! Ab Mittag hat es dann natürlich wieder geregnet. Das soll auch erst ab Montag wieder besser werden. Damit stehen die Chancen aber sehr gut, bei Sonnenschein in Santiago einzulaufen. Das wäre dann das i-Tüpfelchen meines Camino.

Habe in der Herberge heute hier in Sarria mal wieder den Wäscheservice in Anspruch genommen. Die 6 € für waschen und trocknen sind auf dem Camino Standard. So richtig sauber geworden ist meine Wäsche nicht, aber wenigstens riecht sie nicht mehr nach Schweiß.

Unterwegs habe ich heute zwei Menschen getroffen, die mir deutlich gemacht haben, wie klein meine Probleme im Vergleich zu anderen sind. Ein Italiener mit multipler Sklerose, der sich von seiner Krankheit nicht unterkriegen lassen will und einfach mal etwas Verrücktes machen wollte. Entgegen dem Rat seiner Ärzte, denn wer weiß, wie lange er zu so etwas wie dem Camino noch in der Lage sein wird. Und eine Amerikanerin, die mit ihrem Mann früher oft lange Wanderungen unternommen hat. Er ist dement und musste in ein Heim, nachdem sie ihn 8 Jahre zu Hause gepflegt hat. Inzwischen hat er sie vollständig vergessen und sie läuft nun den Camino, um sich selbst darüber klar zu werden, wie ihr Leben in Zukunft weitergehen soll.

Auch wenn jetzt im Herbst natürlich insgesamt vergleichsweise wenig Pilger unterwegs sind, man merkt schon, dass inzwischen viele „neue“ dabei sind, die in O Cebreiro gestartet sind oder hier ab Sarria loslaufen. Für mich ist das aber solange überhaupt kein Problem, wie ich mich mit ihnen nicht um einen Platz in den Herbergen kämpfen muss.

Landschaftlich ist Galicien ein Traum. Grün, ursprünglich, wunderschön. Der Camino ist hier auch deutlich abgelegener als in den anderen Provinzen – durch Hohlwege, ganz viel Wald, immer wieder an verfallenen Trockensteinmauern vorbei, durch uralte Dörfer, die nächste größere Straße weit weg, …und Landwirtschaft, ganz besonders Viehzucht, also Kühe mit entsprechend viel Mist. Ich bin ja eigentlich bei sowas nicht sehr empfindlich, aber gestern und heute gab es zwei Höfe, bei denen die Kuhscheiße durch den Regen schön den Hof selbst und natürlich auch die Straße geflutet hat. Da durch zu laufen ist kein Thema aber bei dem extrem süßlichen Gestank musste ich echt mit mir kämpfen, dass ich mich nicht übergebe.

Zum Abendessen hatte ich mich ein wenig zurückgezogen. Ich hatte wenig Lust auf Gesellschaft, wollte mit mir und meinen Gedanken alleine sein. Wir waren ohnehin nur zu dritt in der Herberge, darunter ein Mexikaner, den ich schon in Foncebadón getroffen hatte. Wir hatte aber irgendwie alle nicht das große Bedürfnis nach Kommunikation. So habe ich mich dann auch später nur noch aufs Bett gelegt und dank für funktionierenden WLAN Fußball auf dem Handy gucken können. Köln-Dresden 8:1, der Torwart von Dynamo hat mir schon ein wenig Leid getan…

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