By yon bonnie banks

…and by yon bonnie braes

(Schottland-Roadtrip Teil 1)

So beginnt eines meiner absoluten Lieblingslieder, nämlich „The bonnie Banks of Loch Lomond“, ein altes schottisches Volkslied. Wer einmal reinhören möchte, hier gibt es das Lied in einer sehr traditionellen Version. Ich bevorzuge eher die rockige Version von Runrig, insbesondere live. Fans des 1. FC Köln wird die Melodie auch sehr bekannt vorkommen 🐐

Beruflich war ich schon ein paar mal in Schottland, bin aber leider nie weit über den Flughafen von Glasgow bzw. einem Hotel direkt nebendran herausgekommen. Aber die Highlands, Edinburgh, Skye, Loch Lomond, Loch Ness, Lewis and Harris, die Hebriden? Kannte ich nur von Fotos, aber ich wollte dort unbedingt hin! Ebenso gerne wollte ich den West Highland Way wandern. Allerdings war recht schnell klar, dass beides nicht sinnvoll in einem Urlaub unterzubringen sein wird. Also habe ich mich für einen Roadtrip entschieden, bei dem ich gemütlich einen großen Teil des Landes „erfahren“ kann, dabei aber mit dem Zelt unterwegs zu sein, um auch zwei, drei Tage am Stück wandern zu können. Das, was ihr hier lest, ist also quasi ein Kompromiss, aber ein für mich sehr lohnenswerter und schöner. Die Inseln sind dabei leider auf der Strecke geblieben, aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben.

Der Trip hat schon 2015 stattgefunden. Ich hatte da das große Glück, einen schottischen Jahrhundertsommer zu erwischen. Da rede ich jetzt nicht von 30-35 °C, Gott sei Dank nicht, aber es hat immerhin zwei Wochen lang fast nicht geregnet 😅

Anreise

Begonnen habe ich meinen Trip in Edinburgh, wobei genauer gesagt eigentlich in London. Ich hatte für zwei Tage dort einen Bekannten besucht und bin dann mit der Bahn von London nach Edinburgh gefahren. Die Tickets sind bei früher Buchung recht günstig, die Verbindung ist schnell (ca. 4 Stunden) und beide Städte werden durch einen für britische Verhältnisse modernen, sauberen Schnellzug miteinander verbunden. Der Vorteil ist außerdem, dass man auch gleich mitten im Stadtzentrum von Edinburgh ankommt.

Edinburgh

Bevor ich mit dem Auto losgezuckelt bin, habe ich mir allerdings in Edinburgh für zwei Nächte ein Bett in einem Hostel gebucht, die einzigen, die ich nicht im Zelt verbracht habe. Die Stadt lohnt sich auf jeden Fall – offen, liebenswert und wirklich schön. Abgesehen vom „Standard“-Touriprogramm (Royal Mile, Edinburgh Castle, Princes Street, Calton Hill, …), das ich hier gar nicht groß beschreiben möchte, hat die Stadt viel grün zu bieten. Wer möchte und kein Weichei ist, ist sogar schnell am Stadtstrand und kann ein Bad im Firth of Forth nehmen. Da ich Wanderschuhe, aber keine Badehose dabei hatte, war das aber für mich keine Option. Ich bin daher in einem gemütlichen Halbtagestrip auf Arthur’s Seat geklettert (naja, den Weg da hoch gewandert). Von hier oben aus hat man einen ganz tollen Ausblick über die gesamte Stadt und es gibt genug Möglichkeiten, sich irgendwo breit zu machen und sein Mittagessen in Top-Lage zu verspeisen.

Mein persönliches Highlight war der Abend in einem Pub, an dem das Fußball-Länderspiel zur EM-Qualifikation zwischen Schottland und Deutschland in Glasgow stattgefunden hat. Leider hatte ich für das Spiel keine Karten mehr bekommen, da ich viel zu spät davon erfahren hatte. Aber auch so war das unvergesslich. Insbesondere mit Brian, eingefleischter Rangers Fan, habe ich mich bestimmt 2 Stunden über den Niedergang unserer Lieblingsclubs unterhalten. Dass Deutschland in einem sehr unterhaltsamen Spiel 3:2 gewonnen hat, hat zwar dafür gesorgt, dass ich eine Reihe von Runden spendieren durfte, aber was tut man nicht alles für den sportlichen Erfolg 😁 An dem Abend habe ich übrigens auch meine Vorliebe für Cider entdeckt. Wobei eigentlich fast alles besser ist, als englisches Ale…

Viele Ecken in Edinburgh sind leider sehr, sehr touristisch. An jeder dritten Straßenecke steht ein Dudelsackspieler und sammelt Geld. Anfangs echt cool (ich mag Dudelsackmusik), aber irgendwann nervig, wenn man das 20. Mal „Scotland the Brave“ oder „Amazing Grace“ hört. Auch die Royal Mile besteht gefühlt nur aus Läden, in denen der geneigte Tourist original Schottische Kilts kaufen kann. Aber das ändert eigentlich wenig am Charakter der Stadt, weil die Läden nach außen hin alle noch recht traditionell gestaltet sind.

Im übrigen – wer ein Schottisches Frühstück bestellt, bekommt damit auch immer eine Portion Haggis vorgesetzt. Ich finde es eigentlich ganz lecker, man darf allerdings nicht darüber nachdenken, was da alles drin ist. Wobei, das gilt auch für ganz normale Leberwurst, von daher…

Städetour und ein Treffen mit dem Doktor

Nachdem ich mit der Tram zum Flughafen gefahren bin, um mir dort meinen Mietwagen abzuholen (dauert ca. 20 Minuten, aber der Wagen wird deutlich günstiger, wenn Abhol- gleich Abgabestation ist), brauchte ich wie immer, wenn ich in GB mit dem Auto unterwegs bin, erstmal immer etwa eine halbe Stunde, bis ich mich an den Linksverkehr gewöhnt habe. Insbesondere bei engen Linkskurven kommt das Hinterrad da schon Mal in Kontakt mit dem Bürgersteig… Linksverkehr… Pffft… Nachdem das aber überstanden war, bin ich nicht wie eigentlich geplant, direkt nach Glasgow gefahren, sondern habe noch einen kleinen Umweg nach Stirling gemacht. Kleines, nettes Städtchen, lohnt einen Besuch. Wie eigentlich alle kleineren Städte auf der Insel sieht es stellenweise so aus, als könnte man hier vom Fleck weg eine dieser klassischen britischen TV-Serien der 60er Jahre drehen. Ich stehe voll auf den Stil, könnte aber nicht sagen, ob das auch langfristig etwas für mich wäre.

Bei Glasgow habe ich mir einen kleinen Campingplatz gesucht, von dem aus man schnell einen P+R Parkplatz erreichen konnte, um mit der Subway in die Stadt zu fahren. Wie in allen großen Britischen Städten ist das Parken dort nämlich extrem teuer. Außerdem bin ich in Urlaub und will meine Zeit nicht mit Parkplatz suchen verschwenden. Vor lauter „Mind the gap!“ habe ich beim Einsteigen prompt das Schild „Watch your head!“ übersehen und habe die Schlagfestigkeit der Türkante getestet. Sie hat gewonnen. Die Züge der Glasgower Subway sind offensichtlich aber auch nur für Leute konzipiert, die nicht größer sind, als 1,75m. Mit meinen 1,93m konnte ich drinnen nichtmal vernünftig aufrecht stehen…

Glasgow selbst wird häufig als dreckig und proletenhaft beschrieben. Das mag in den alten Zeiten vielleicht gestimmt haben, als dort der Schiffbau noch Hochkonjunktur hatte. Mittlerweile ist es aber eines DER Kulturzentren der Britischen Inseln und wirkt teilweise sogar sehr modern. Natürlich hat es auch noch schmuddlige Ecken, aber welche Großstadt hat die nicht?

Naben den gewöhnlichen Anlaufplätzen für Touristen haben eine Reihe klassischer Notrufzellen Geschichte geschrieben. Dr. Who war aber leider nicht zu Hause. Schade eigentlich, DAS wäre mal ein Trip geworden…

Außergewöhnlich fand ich die Nekropole. Ein auf einem Hügel neben der Kathedrale gelegener Friedhof, finden sich dort viele sehenswerte Grabsteine und Mausoleen aus viktorianischer Zeit. Auf jeden Fall Mal was anderes.

Wer sich eine Auszeit vom Großstadttrubel nehmen möchte, dem kann ich nur empfehlen, sich auf eine der unzähligen Bänke oder Treppen am Ufer des Clyde zu setzen. Wenn man sich dabei einigermaßen geschickt anstellt, kann man da sogar eine ausgedehnte Mittagspause mit Snack verbringen, ohne dass die Möwen versuchen, einem das Essen zu klauen.

Loch Lomond & The Trossachs

Von Glasgow aus ist es nur ein Katzensprung bis zum Loch Lomond, dem größten und meiner Meinung nach schönsten See Schottlands. Wer möchte, kann schon von Glasgow aus den West Highland Way starten, ich bin jedoch bis Milarrochy am Ostufer gefahren und habe mein Zelt direkt am Ufer aufgeschlagen. Von hier aus ist man recht schnell an dem Stück des West Highland Way, der für die meisten die 2. Etappe, über den Conic Hill, darstellt. Dieses Stück und ein kurzer Teil der 3. Etappe waren meine erste längere Wandertour in diesem Urlaub. Das Auto hatte ich netterweise auf dem Campingplatz kostenfrei stehen lassen dürfen, so dass ich mit Rucksack und Zelt losziehen konnte. Der Aufstieg zum Conic Hill ist schon ordentlich schweißtreibend. Jetzt im September waren noch recht viele Hiker unterwegs, aber es gab trotzdem längere Phasen, in denen ich alleine war. Im unteren Teil ist der Weg noch als breiter Wanderpfad ausgelegt. Auf dem groben Split lässt es sich gut laufen. Aber spätestens wenn man das erste Gatter hinter sich hat, mit dem die riesigen Weidegebiete der Schafe und Rinder abgetrennt sind (man muss sich nicht wundern, plötzlich Auge in Auge einem Hochlandrind gegenüber zu stehen) und es beginnt, zügig bergauf zu gehen, läuft man auf einem Trampelpfad. Da ich mit dem Wetter Glück hatte, lies es sich aber auch auf dem Untergrund gut laufen. Wenn der Boden bei Regen allerdings aufgeweicht ist, viel Spaß. Wenn man den Conic Hill sieht, braucht man eigentlich auch gar nicht mehr erklären, woher er seinen Namen hat, der erklärt sich von selbst.

Der Conic Hill ist das, was sein Name besagt, ein Hügel. Ich dachte immer, Berge sind in Großbritannien immer „Mountains“. Aber nein, in Schottland gibt es da kleine, aber feine Unterschiede. Generell sind Berge dort Munros. Die unterteilen sich dann noch in Corbetts, Grahams und Donalds. Einigen Landvermessern war wohl mal schwer langweilig… Da muss ich an den Film „Der Engländer, der auf einen Hügel stieg und von einem Berg herunterkam“ denken, auch wenn der in Wales spielt. Übrigens in meinen Augen die einzige vernünftige Filmrolle von Colm Meaney, abgesehen von Chief O’Brian in StarTrek TNG.

Nach diesem kurzen Exkurs in Geographie und Filmgeschichte geht es vom kegeligen Hügel weiter sachte bergab und danach weitestgehend flach weiter. Um einen herum wachsen an vielen Stellen Disteln, die Nationalpflanze Schottlands (Hat Deutschland eine Nationalpflanze? Wenn, dann wahrscheinlich die Eiche, oder? Gänseblümchen?). Das schöne ist, dass in Schottland das Jedermannsrecht gilt. Das bedeutet, dass jeder überall auf nicht eingezäunten Gebiet sein Zelt aufschlagen darf. Abends habe ich mir also ein Stück abseits des Wegs eine schöne flache, erhöhte Stelle gesucht, an der ich mein Zelt aufschlagen konnte. Viele der Wanderer haben ein Paket gebucht, mit dem ihr Gepäck von einem Bed&Breakfast zum nächsten transportiert wird, das bedeutet natürlich, dass sie abends immer an einem bestimmten Punkt angekommen sein müssen. Für mich jedenfalls bedeutete das, dass ich mit meinem Zelt völlig alleine inmitten der Natur war. Als es dunkel wurde habe ich weit weg ein schwaches Licht gesehen, das könnte ein anderes Zelt gewesen sein, aber sonst? Himmlisch.

Am kommenden Tag ging es dann dieselbe Strecke wieder zurück. Das war deutlich einfacher zu laufen, da der Anstieg von dieser Seite sich zwar sehr zieht, es aber nicht so steil aufwärts geht.

Nach meinem Abstecher auf den West Highland Way habe ich, nachdem ich in Milarrochy mein Auto eingesammelt und in Balmaha meine Vorräte aufgestockt habe (dem einzigen Supermarkt diesseits des Loch Lomond und nördlich von Glasgow), ging es weiter für einen Tagesausflug in den „Queen Elizabeth Forest Park“, einem Teil des Nationalparks von Loch Lomond & The Trossachs. Von Aberfoyle bzw. Milton aus sind eine Reihe von Wanderungen (Tagestouren, Streckenwanderungen und Rundwege) markiert, so dass wohl für jeden etwas dabei ist. Ich hatte mich für eine ca. 15km lange Runde entschieden, kann heute aber leider nicht mehr sagen, welche Tour genau das war. Ich weiß nur noch, dass sie auf dem Rückweg an Loch Ard vorbei führte. Die Gegend dort ist so abgeschieden und ursprünglich, da braucht sie aus meiner Sicht keinen Vergleich mit den weiten Wäldern Kanadas zu scheuen. Wie ich auf den Vergleich komme? Ganz einfach, es schwimmen und fliegen überall Kanadagänse herum.


So, für heute reicht es aber. Mein Reisebericht wird dann doch deutlich länger, als gedacht. Vor allem möchte ich Euch natürlich die Bilder nicht vorenthalten. Daher habe ich mich entschieden, den Bericht auf zwei, vielleicht sogar drei Teile aufzuteilen. In meinem nächsten Beitrag geht es dann erst einmal von Loch Lomond aus vorbei an dem einen oder anderen Castle, über das Küstenstädchen Oban in die Highlands nach Fort William bzw. ins Glen Coe und von da aus weiter an die Küste ins Midgie-Gebiet.

2 Gedanken zu “By yon bonnie banks

  1. Dr Who in Schottland? Ich dachte, er „wohnt“ in Cardiff 😉 Wunderschöne Bilder… erinnern mich an meinen Schottland-Roadtrip in 2013 (Was, so lange ist das schon wieder her?). Time flies by…

    1. Wer mit der TARDIS in diesem und allen anderen Universen unterwegs ist, dem ist bestimmt egal, ob er in Schottland oder Wales ist 😁

      Spätestens nächstes Wochenende folgt Teil 2, da suche ich auch wieder ein paar schöne Fotos raus. Wobei das gerade in den Highlands gar nicht so einfach ist, da ist irgendwie „alles“ schön.

      Lieben Gruß
      Stefan

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