Back to the roots
…also schon, ja, irgendwie… Zumindest ging es zurück auf Start…
Ich hatte bei der Beschreibung meiner ersten Etappe von Aachen nach Clermont in Belgien auf der Via Mosana ja am Rande erwähnt, dass ich mir für die Tour keinen Pilgerausweis besorgt hatte. Ich habe mich damit rausgeredet, dass ja am Wochenende ohnehin nichts offen hätte, wo ich mir einen Stempel hätte holen können. Der Stempel, den mir Jacques und Renée als Erinnerungsstück mitgegeben haben, hat aber dazu geführt, dass ich irgendwie doch ein schlechtes Gewissen habe. Die gesammelten Stempel auf meinen Jakobswegen sind die Erinnerungsstücke für mich. Da kommt keine Compostela ran – die Urkunde vom Camino Francés liegt gut verpackt in einer Schublade, während die Pilgerausweise leicht greifbar im Regal stehen und ich sogar überlege, ob ich sie nicht irgendwie als Collage rahme und aufhänge.
Jedenfalls habe ich mir dann doch noch einen Pilgerausweis besorgt. …und weil es so schön ist, auch gleich einen zweiten, der mich in einem halben Jahr auf dem Caminho Português begleiten wird. Auch wenn ich “nur” den Start der Via Mosana in meiner Heimatstadt Aachen stempeltechnisch nicht dokumentiert habe, so geht es doch irgendwie gegen meine Pilgerehre 😊
Auch wenn momentan auf der Arbeit viel los ist und ich bisher nicht wie geplant weiter nach Huy und Namur pilgern konnte (5 Etappen, das sollte doch wohl dieses Jahr noch irgendwie zu schaffen sein…), ich musste bei dem aktuellen schönen Wetter einfach raus an die frische Luft. Also bin ich los in Richtung Dom. Ordentlich was los in der Stadt und im Dom, um nicht zu sagen: es war brechend voll
Nachdem ich erst einmal warten musste, damit im Gänsemarsch eine größere Touristengruppe in den Dom watscheln konnte, kam es dann zu einer der bisher skurrilsten Aktionen, um an einen Stempel für meinen Pilgerausweis zu kommen, die ich bisher erlebt habe. …Aachen, Weltdorf mit Charakter. Das macht es aber irgendwie auch sympathisch.
Jedenfalls habe ich den Domschweizer angesprochen, der gleich vorne am Eingang steht, ob er mir denn bitte sagen könnte, wo ich den Stempel bekomme. Er druckst ein bisschen herum, läuft knallrot an und sagt nur, dass es ihm total peinlich sei – natürlich könne er mir helfen, aber es sei so viel los (jaja, schon gut, samstags in den Dom zu gehen, gehört nicht zu meinen besseren Ideen…), dass er von der Türe nicht weg könne. Aber sein Kollege, dort hinten (er zeigt quer durch den Dom) kümmere sich gerne um mich. Mir war das schon fast unangenehm.
Also vielen Dank, schönes Wochenende und auf Wiedersehen meinerseits und von ihm bekomme ich ein Buen Camino. Ich liebe es! Es dauert ein bisschen, bis ich den anderen Schweizer gefunden habe. In Köln sind die Damen und Herren wenigstens in auffälligen roten Roben gekleidet. Hier in Aachen sehen sie aus wie gewöhnliche Security und haben schwarze Jacken an. Dass er sich hinter einer Säule “versteckt” macht es bei dem Trubel nicht einfacher. Ich sage also auch bei ihm mein Sprüchlein auf und er heißt mir, ihm zu folgen. Mit einem Affenzahn bahnt er sich seinen Weg durch die Menge, dass ich echt Mühe habe, mitzukommen, ohne jemanden umzurennen. Er geht in die Michaelskapelle, wo er ein kleines Schränkchen von der Wand rückt und halb dahinter verschwindet. Ich denke mir in dem Moment nur “Ähm…?”
Er versucht offensichtlich eine hinter dem Schränkchen in der Wand verborgene Klappe zu öffnen, jedenfalls klimpert er mit seinem Schlüsselbund herum. Der ungekürzte O-Ton: “Hmmm… Nee, der nicht. Na, komm schon! Hmmpf.” Just, als ich ihn frage, ob ich helfen könne bzw. gerne auch wiederkommen könne, wenn weniger los ist, erschallt ein “Ah, jetzt!”. Er holt eine Butterbrottüte hervor und legt sie auf das Schränkchen. “Den Stempel haben wir schon Mal, Stempelkissen kommt.” Worauf er wieder halb verschwindet und weiter kramt. Nach gefühlten 5 Minuten, mir ist das ganze schon echt unangenehm, wird er fündig und legt seine Beute neben den Stempel. Den er natürlich erst noch auspacken muss. Ein bisschen frage ich mich schon, ob ich bei der versteckten Kamera bin.
Dass ich dann gefragt werde, wohin der Stempel denn solle, kenne ich ja schon vom Mosel-Camino. Auch hier landet der Stempel mitten auf der Seite. ..und ja, natürlich ist er auch um 90° verdreht. Aber hey, man kann nicht sagen, dass der Domschweizer sich keine Mühe gegeben hätte. Abschließend helfe ich ihm noch – nachdem er Stempel und Kissen wieder umständlich im geheimen Hochsicherheitstresor verstaut hat – noch das Schränkchen wieder vor die Wand zu stellen, bevor ich mich wieder in den Menschenstrom in Richtung Ausgang einreihe.
Hier jedenfalls ist das gute Stück:
Jetzt ziert immerhin das Siegel Karls des Großen meinen Pilgerpass. Das ist doch schon was, oder? Abgesehen davon war das so skurril, dass ich es überhaupt nicht bereue, heute diesen kleinen Ausflug gemacht zu haben!
Weil ich jetzt schon einmal unterwegs bin, laufe ich im Anschluss auch gleich weiter zur Jakobskirche. Ich freue mich total, dass dort die Türe offen steht, denn in den ganzen Jahren, die ich schon in Aachen wohne bzw. gewohnt habe, war ich noch nie drin. Leider ist hinter dem Vorraum schon Schluss, das Kirchenschiff ist mit einem Tor versperrt. Aber immerhin konnte ich einen Eindruck bekommen, die Lichtstimmung ist ganz schick, auch wenn die Kirche an sich sehr aufgeräumt ist.
Den Pilgerstempel gibt es in der Kirche nur vor und nach den Gottesdiensten. Aber immerhin hängt eine Tafel im Vorraum, die einen über die Alternativen unterrichtet – nämlich unter anderem den Bioladen gegenüber. So komme ich dann auch gleich an den zweiten Aachener Stempel. Jetzt fehlt mir für die Fortsetzung dieses Pilgerweges nur noch der von St. Jacques aus Lüttich. Aber auch da bin ich hartnäckig und bleibe dran. 😎
Hi Stefan, gerade habe ich mir den Pilgerausweis für die Strecken zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb zuschicken lassen. Ich hoffe, dass ich immer mal wieder über das Winterhalbjahr in Etappen pilgern kann, so als Einstimmung auf den Camino Portugues im kommenden Frühjahr (sofern Knie und Füße wollen…).
Hui, da wünsche ich Dir ganz, ganz viel Spaß!
Langsam anfangen und immer schön einen Schritt nach dem anderen. Klingt blöd, aber man tut sich keinen Gefallen, wenn man ungeübt mal eben so mit einem schweren Rucksack versucht, -zig Kilometer zu stemmen.
Im Winter über die schwäbische Alb zu tigern, stelle ich mir auch toll vor (wenn das Wetter mitspielt). Portugal wird dann – in positivem Sinne – eine ganz andere Hausnummer, alleine schon weil man viel mehr Gleichgesinnte trifft. Ich freu mich auch schon riesig drauf!
Buen Camino 😊