Caminho Português Tag 0 – Auf ins Abenteuer!

05. September 2020 – Porto

Endlich, endlich, endlich geht es los. Heute mache ich mich auf den Weg nach Porto. 2019 aus Zeitmangel verschoben, im Frühjahr 2020 aufgrund von COVID abgesagt, wird der Caminho Português jetzt für mich endlich Realität. Wie geplant, werden mich die ersten beiden Tage überwiegend an der Küste entlang über die Senda Litoral führen, bevor es dann über das kleine Städtchen Rates weiter über den Caminho Central nach Norden geht.

Rechtfertigung? Nö, Klarstellung!

Ist das wirklich schlau, in Zeiten von Corona? Da könnt Ihr mich gerne verurteilen. Ich habe wirklich lange, lange darüber nachgedacht und das Für und Wider abgewogen. Unterm Strich habe ich für mich beschlossen, dass es ok ist.

Ich werde auf jeden Fall bis nach Valença, d.h. an die spanische Grenze pilgern, denn im nördlichen Portugal inkl. Porto gibt es zur Zeit meiner Reise sogar weniger Infektionen pro Einwohner, als bei mir zu Hause in NRW. Auch was die Anreise an sich angeht, mache ich mir weniger Sorgen, als jeden Tag im überfüllten Bus zur Arbeit. Ob ich dann weiter nach Spanien gehe bzw. gehen kann, werde ich erst entscheiden, wenn ich vor der Brücke über den Grenzfluss stehe. Im Zweifel gehe ich einfach eine der vielen anderen Wegalternativen wieder zurück nach Porto.

Selbstverständlich werden sämtliche Vorsichtsmaßnahmen von mir ernst genommen und beachtet. Es ist allerdings kein besonders großer Spoiler, wenn ich hier schon kundtue, dass es ab und an gar nicht so einfach war und auch nicht immer funktioniert hat. Mea Culpa.

Grundlegend werde ich in diesem und auch den Berichten über die kommenden Pilgertage nur dann auf dieses vermaledeite Virus eingehen, wenn es für die Geschichte irgendwie relevant ist. Denn noch eines kann ich vorwegnehmen: Die Epidemie hat diese Reise unterm Strich deutlich weniger beeinflusst, als man glauben mag.

Falls der/die eine oder andere aber gerade hierzu Fragen hat, ob in den Kommentaren oder per E-Mail, beantworte ich das natürlich in jedem Fall alles gerne und ausführlich.

Los geht’s

Ich laufe also endlich wieder einen Jakobsweg! Das Leben ist schön! Es ist 660 Tage her, seit ich zum ersten Mal in Santiago de Compostela angekommen bin und heute mache ich mich wieder auf den Weg dorthin. Auch wenn ich seit etlichen Tagen schon hibbelig wie ein i-Dötzchen bin, kann ich mich just in diesem Moment gar nicht so richtig freuen – denn um 4:45 Uhr klingelt der Wecker. Quasi noch mitten in der Nacht. Ich bin zwar kein Langschläfer, aber das ist definitiv nicht meine Uhrzeit. An alle Bäcker dieser Welt: Respekt! Mein Körper läuft jedenfalls noch im Energiesparmodus…

In weiser Voraussicht habe ich natürlich alles gestern Abend schon so weit wie möglich eingepackt. Ich muss also nur schnell Zähne putzen, ein bisschen Katzenwäsche machen und in mein Camino-Outfit schlüpfen. Kurz noch die Checkliste durchgehen – Rucksack? Check. Brusttasche (So eine kleine Tasche, die man oben am Brustgurt vom Rucksack festmachen kann. Total praktisch, wenn man sich erstmal dran gewöhnt hat.)? Check. Hut? Check. Jacke? Check. Packsack? Check, kommt in die Hosentasche, den brauche ich am Flughafen. Stöcke? Check, sind am Rucksack verstaut. Geld, Papiere inklusive Pilgerausweis, Handy, Kamera und alles andere wichtige Zeug stecken in der Brusttasche, die ich als Handgepäck mitnehme.

Ich habe vorher echt überlegt, wie ich das mache, ist schließlich das erste Mal, dass ich meinen großen Rucksack im Flieger mitnehme – ein Packsack ist robust und beliebig oft wiederverwendbar. Außerdem kann er unterwegs als Wäschesack herhalten. Allerdings sind das wieder ein paar Gramm mehr, die ich mit mir rumschleppen muss. Die Alternative wäre halt Plastik. Entweder in Form eines Müllbeutels, in den der Rucksack gesteckt wird (wobei fraglich ist, ob so ein dünner Sack den “rustikalen” Umgang mit Fluggepäck überstehen würde…) oder das Einwickeln in Klarsichtfolie. Abgesehen von der Rücksicht auf die Umwelt habe ich meine Packliste ohnehin so weit optimiert, dass das bisschen Gewicht des Packsacks nicht groß auffällt. Wobei die Ultra-Leicht-Fraktion wahrscheinlich trotzdem Schnappatmung bekommen würde.

Ich hätte noch viel früher aufstehen müssen, wenn ich nicht netterweise von meinem Papa zum HBf nach Köln gebracht würde. Von da aus fährt dann mein ICE nach Frankfurt zum Flughafen. Ich könnte mir vorstellen dass er sein “Och Jung, ich fahr’ Dich, ist doch kein Thema!” ein bisschen bereut, denn zu dem Zeitpunkt wusste er noch gar nicht, wann wir los müssen. Aber aus der Nummer kam er halt nicht mehr raus. Jedenfalls hat dieser persönliche Shuttleservice eine Reihe von Vorteilen für mich:
a) Ich bin gestern Abend schon gaaaaanz gemütlich von zu Hause aus zu meinen Eltern gefahren.
b) Ich bekomme ein leckeres Abendessen (hochwillkommen, denn mein Kühlschrank zu Hause ist natürlich komplett leer).
c) Ich brauche nicht von Aachen aus erst mit dem Bummelzug nach Köln, sondern kann mit dem Auto von Neuss flexibel zum Kölner Hauptbahnhof; eine knappe Stunde gespart.
d) Es ist schon jemand wach, der die Kaffeemaschine angestellt hat. 😍
Das Koffein hilft immerhin soweit, dass ich die Augen halbwegs offen halten kann.

Mein Papa wäre gerne noch mindestens eine halbe Stunde früher losgefahren. Es brauchte einiges an Überredungskunst meinerseits, um ihn davon zu überzeugen, dass so ein Zug in den seltensten Fällen zu früh abfährt – und selbst wenn irgendwo Stau oder Straßensperren wären, wir beide kennen genug Ausweichstrecken. Um diese Uhrzeit an einem Samstag fast gar nicht zu erwarten, sind die Straßen auch frei und wir kommen ohne Probleme zum Bahnhof. Ich bin über eine halbe Stunde zu früh. Naja.

Mein Papa schmeißt mich am Breslauer Platz vor dem HBf nur schnell raus. Ich krame mein Gerödel aus dem Kofferraum, kurz Tschüss gesagt und dann düst er auch schon los, noch eine Stunde auf zwei Schlaf nachholen. Ich kann’s ihm nicht verdenken. Während ich im Nieselregen stehe, denke ich nur daran, dass ich in ein paar Stunden bei strahlendem Sonnenschein in Porto stehen werde. Der Wetterbericht sagt nämlich für die gesamte kommende Woche hochsommerliches Wetter voraus. Da tausche ich jetzt gerne und meine Stimmung bessert sich zusehends.

Während ich warte fällt mir auf, dass ich wohl meinen MP3-Player bei meinen Eltern habe liegen lassen. Auf dem Handy höre ich Musik für gewöhnlich nur online, aber es ist nun wahrlich kein Weltuntergang, wenn ich jetzt für die nächsten Wochen mein Datenvolumen strapaziere. Viel blöder ist aber, dass mein Bluetooth-Kopfhörer sich standhaft weigert, sich mit meinem Handy zu verbinden. Gibt’s halt fürs erste keine Musik, grummel!

Die Bahnfahrt an sich und auch der Flug sind entschieden zu unspektakulär, als dass es sich lohnen würde, hier groß Worte darüber zu verlieren. Auch wenn der Flieger mit 30 Minuten Verspätung gestartet ist, da es in Porto mit dem Landen aufgrund von starkem Morgennebel schwierig ist. Das Wichtigste ist vor allem: Mein in seinem Packsack gut verschnürter Rucksack ist mit mir zusammen heil in Porto angekommen.

Direkt vor dem Terminal fährt die Metro in die Stadt. Ich bin alleine schon von den Tickets hellauf begeistert – Magnetkarten gibt es ja inzwischen häufig. Aber hier kosten die Dinger 60ct Gebühr, können dafür aber unbegrenzt wieder aufgeladen werden. Umweltschonend und praktisch.

Bis zum zentralen Bahnhof São Bento müsste ich noch umsteigen. Aber da die Fahrt in die Stadt ohnehin eine gute halbe Stunde dauert, habe ich genug Zeit, einen Blick auf die Karte zu werfen. Ob ich jetzt von dort aus zu meiner Pension laufe oder von der Station Trindade, wo ich umsteigen müsste, direkt dorthin laufe, macht keinen Unterschied. Also spare ich mir die zweite Metro und bekomme auf die Weise direkt schon einen Einblick in die Stadt.

Meine Pension ist direkt in der Altstadt gelegen, in Porto heißt das aber nicht, dass da auf zwei Querstraßen nicht auch gleich 20 Höhenmeter zu bewältigen sind. Glücklicherweise geht es aber hauptsächlich bergab. Aufgrund von Corona-Vorsichtsmaßnahmen nimmt mich meine Gastgeberin leider nicht persönlich in Empfang, wir kommunizieren über WhatsApp und Video-Telefonat. Aber auch so ist der Empfang herzlich und – ich kann es nicht anders sagen – mein Zimmerchen ist der Hit! Modern-schick eingerichtetes Loft mit kleiner Küchenzeile und sogar einer kleinen Dachterrasse. Altstadt plus Dachterrasse bedeutet allerdings auch 5. Stock ohne Aufzug. Aber auch das geht, ich bin ja schon ein bisschen warmgelaufen.

Sightseeing, oder: Über sieben Hügel musst Du gehn

Ich halte mich aber gar nicht allzu lange im Zimmer auf. Schließlich war ich noch nie in Porto und ich will etwas von der Stadt sehen. Also mache ich mich nur schnell ein bisschen frisch und ziehe dann los.

Für eine Stadtbesichtigung könnte das Wetter wirklich kein bisschen besser sein. Die Sonne strahlt, kein Wölkchen am Himmel, es ist wunderbar warm und es weht eine leichte Brise, gerade so stark, dass man nicht in Schweiß ausbricht, wenn man draußen rumläuft. Von irgendwelchen Nebelschwaden ist auch nur in Richtung Atlantik überhaupt noch etwas zu sehen. Manchmal bin ich schon ein Glückskind.

Meine erste Erkenntnis ist: Junge, Junge, Porto ist wirklich ganz schön hügelig. Und weil das alleine noch nicht schweißtreibend genug ist, komme ich auch noch auf die Idee, den höchsten Aussichtspunkt der Stadt anzusteuern, den Turm der Igreja dos Clérigos. Uff! Aber die Anstrengung lohnt sich, denn oben werde ich mit einer grandiosen Aussicht belohnt.

Die Azulejo, die charakteristischen Wandbilder aus weiß-blauen Kacheln, sind überall zu finden. Jede Kirche hat mindestens eines davon, wenn nicht sogar die halbe Fassade damit verkleidet ist und auch an vielen öffentlichen Gebäuden sind sie zu finden. Die Bilder sind wirklich beeindruckend, aber – bitte nicht falsch verstehen – irgendwann sieht man sich doch satt daran und ich kann nicht umhin, bei manchen an das Teeservice meiner Oma zu denken. Trotzdem ist z.B. der Bahnhof São Bento schlichtweg atemberaubend, vor allem wenn man bedenkt, dass jede einzelne dieser Kacheln von Hand fein säuberlich bemalt wurde, damit sie in das Gesamtbild passt. Gerade in São Bento habe ich unwahrscheinliches Glück, dass ich die gekachelte Bahnhofshalle zu einem Zeitpunkt erwische, da sie sehr leer ist – obwohl es ein Samstagmittag in den portugiesischen Ferien ist.

Auf dem Weg durch die Stadt komme ich unter anderem auch an einer Buchhandlung, der Livraria Lello, vorbei. Angeblich handelt sich hier um eine der schönsten Buchhandlungen der Welt. Wenn ich mir die im Internet verfügbaren Bilder so anschaue, glaube ich das direkt. Angeblich hat J.K. Rowling sich hier auch für ihren Harry Potter inspirieren lassen. Beide Fakten zusammengenommen führen dazu, dass Lello sich vor lauter Besuchern gar nicht retten kann und sogar Eintritt nimmt (den man meines Wissens mit seinem Einkauf verrechnet bekommt). Wenn der Eintritt es nicht schon täte – und beim Pilgern habe ich jetzt akut keinen Bedarf noch ein Buch mitzuschleppen – die elend lange Schlange vor dem Eingang hält mich auf jeden Fall davon ab, einen Blick in den Laden zu werfen. Als ausgemachter Bücherwurm liebe ich Buchhandlungen, aber ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ich hier in Ruhe stundenlang stöbern könnte.

Bei meiner nächsten Station geht es da schon deutlich geruhsamer zur Sache, denn ich steuere die Kathedrale an. Vorher gehe ich aber zuerst in die Touristen-Info, die schräg gegenüber in einem Turm der alten Stadtmauer untergebracht ist. Irgendwo hatte ich gelesen, dass es den Pilgerstempel der Kathedrale dort gibt. Nunja, jedenfalls gibt es dort auch einen Stempel. Jetzt habe ich gleich zwei Stück aus Porto in meinem Credential. Doppelt gemoppelt hält besser. Jäger und Sammler. Denn den eigentlichen Stempel gibt es an der Kasse für die Besichtigung der Kathedrale. Auch wenn ich es nach wie vor befremdlich finde, für ein Gotteshaus Eintritt zu zahlen (ja, ich weiß – natürlich müssen die Gemäuer auch irgendwie unterhalten werden), schaue ich mir die an eine Trutzburg erinnernde Kirche natürlich an. Der Kreuzgang mit einem angrenzenden, kleinen Garten in dem drei riesige, alte Glocken aufgebockt stehen und die Aussicht vom oberen Umlauf gefallen mir ausnehmend gut. Das Innere der Kirche ist zwar sehr schlicht gehalten, aber typisch für eine Kirche im romanischen Stil finde ich es sehr beengt.

An der Touri-Info habe ich auch noch einen älteren Herrn aus Österreich getroffen, der mich prompt auf den Jakobsweg angesprochen hat. Das möchte er auch “demnächst” Mal machen, er habe ja schon so viel darüber gelesen! Ich kann ihm da nur raten, es einfach zu tun, am besten ohne groß darüber nachzudenken.
Natürlich kommt unsere Unterhaltung auch auf das Thema Corona. Ernstes Thema, trotzdem muss ich lachen, als er meint, er wäre in den vergangenen Monaten schon in so vielen verschiedenen Ländern unterwegs gewesen, vor lauter Quarantäne käme er wohl nie wieder nach Hause. Rentner müsste man sein, dann bräuchte man sich hierüber fast keine Gedanken machen. Zum Abschied hat er mir auch gleich mein erstes “Einen guten Weg!” mitgegeben. Ich bedanke mich artig, auch wenn ich mit der deutschen Version immer noch ein wenig fremdele.

Im Anschluss setze ich mich für locker ein halbes Stündchen an die alte Gerichtssäule vor der Kathedrale und lausche der Musik. Livemusik gibt es hier wirklich an jeder zweiten Ecke, denn überall stehen mehr oder minder begabte (letztere zum Glück die Ausnahme 😅) Straßenkünstler. Hier um die Ecke spielt gerade eine Beatles-Cover-Band groß auf, die Jungs sind echt gut.

Es ist mir schon ein oder zwei Mal passiert, dass ich auf offener Straße angesprochen wurde, ob ich nicht Hasch kaufen wolle. Das ist mir heute auch passiert. 3 Mal. Von den freundlichsten Dealern dieser Welt, die sich sogar dafür entschuldigt haben, mich angesprochen zu haben, als ich abgelehnt habe. Im Nachhinein habe ich mich ein wenig schlau gemacht – Portugal hat mit die progressivsten Drogengesetze Europas, wenn nicht sogar weltweit. Früher hatte das Land schwer mit Beschaffungskriminalität zu kämpfen. Aber seit 2001 ist für den persönlichen Bedarf so ziemlich alles legal, mit dem Effekt, dass die Kriminalitätsrate stark gesunken ist und viele Abhängige, die vorher an den Rand der Gesellschaft gedrängt waren, wieder am gemeinschaftlichen Leben teilhaben können.

Da ich trotz der offenbar zahlreichen Angebote nicht unbedingt auf Shopping aus bin, gehe ich zur Brücke Ponte Dom Luís I, die an sich schon ein kleiner Augenschmaus ist. Die Aussicht von der Brücke, aber vor allem von der anderen Flussseite auf die Altstadt Portos ist alleine schon eine Reise wert.

Auch hier gibt es wieder Livemusik, denn unten am Flussufer wird Fado-Pop gespielt. Mir persönlich ist dieser Musikstil zu “traurig”. Umso komischer (im Sinne von lustig) finde ich es, dass die Zuhörer begeistert mitklatschen und jubeln.

Kulinarischer Wahnsinn

Einer meiner Vorsätze bzw. eher einer der Punkte auf meiner Bucket List für Porto war es, Francesinha zu essen. Da habe ich mir von meiner Gastgeberin einen kleinen Insidertipp geben lassen, wo man die kleine Französin gut und günstig vernaschen kann. Das genannte Restaurant ist gar nicht weit von meiner Pension entfernt und nennt sich passenderweise “Cafe Santiago”.

Ohne die Empfehlung wäre ich nie und nimmer dort eingekehrt, denn der Laden ist einigermaßen unscheinbar und ein bisschen abseits der Einkaufs- und Fressmeile. Dafür sind die Preise, trotz dass Lebensmittel in Portugal ohnehin unverschämt günstig sind, noch ein gutes Stück niedriger, als dort. Für mich zählt aber, dass es gleich verschiedene Varianten Francesinha auf der Karte gibt. Ich entscheide mich für die Variante com ovo, also mit Ei. Keine 10 Minuten später bin ich im Vielfraß-Himmel. Lecker. Viel. Sauviel. Fettig. außerdem gibt es noch ein Kännchen Soße extra dazu, nur für den Fall, dass der halbe Liter auf dem Teller noch zu wenig ist. Pommes gibt es auch noch dabei. Könnte ja sein, dass man sonst zu wenig Kohlenhydrate auf dem Teller hat. Ach ja – und das Ei obendrauf.

Ich glaube, ich muss morgen 50 Kilometer gehen, nur um dieses halbe Schwein auf Toast mit Sauce und Käse wieder von den Rippen zu bekommen. Aber das war’s wert! *börb* 🤭

Den Portwein, den ich mir heute Abend ursprünglich auch gönnen wollte, lasse ich lieber weg. Mir fällt es ohnehin schon schwer genug, so kurz vor dem Fresskoma noch bergauf und treppauf bis zu meinem Bett zu laufen. Zum (Port-)Weintrinken gibt es in den kommenden Tagen wahrscheinlich ohnehin noch genug Gelegenheiten. Außerdem habe ich vor meiner Rückreise ja auch noch einen, vielleicht sogar zwei Tage in Porto.

Da ich auf dem Rückweg nicht eben flott unterwegs bin, fallen mir gleich um die Ecke meiner Pension gelbe Muschelwegweiser ins Auge. Praktisch – ich gastiere direkt am Jakobsweg. Und da ich von der Kathedrale den Weg bis hierher schon erledigt habe, brauche ich morgen früh gar nicht mehr nach oben zu gehen, sondern kann gleich von der Haustüre aus starten. Mit der Erkenntnis falle ich irgendwann in einen seligen Schlummer.

Kleinstadt-Metropole im Shabby Chic

Porto an sich hat weniger Einwohner als Aachen, gerade Mal knapp 240.000 Menschen wohnen hier. Aber die Stadt hat auch nicht eben viel Raum, sich auszudehnen, denn rundherum ist sie bereits mit den umgebenden Städten zusammengewachsen. In der “Metropolregion Porto” leben daher auch gute 1,7 Millionen Menschen. Trotzdem habe ich aber nicht wirklich das Gefühl gehabt, in einer überfüllten Großstadt zu sein. Klar, verhältnismäßig viel Verkehr und die Hotspots sind gut besucht, aber unterm Strich alles irgendwie tiefenentspannt.

Dazu kommt der leicht heruntergekommene Charme, eben der Shabby Chic. In den vielen engen, verwinkelten Gassen versucht Porto gar nicht erst, modern zu sein. Es ist halt auch an vielen Stellen am bröckeln, aber das finde ich total sympathisch und ehrlich. Klar, an manchen Stellen machen findige Geschäftsleute da bestimmt auch einen Reibach mit, aber das ist mir glatt egal.

Wenn man sich im Leben irgendwann einmal so richtig nutzlos fühlt, muss man nur an die Fußgängerampeln in Porto denken, dann geht es wieder. Ich habe es in noch keiner anderen Stadt erlebt, dass Ampeln so dermaßen konsequent ignoriert werden. Immer da, nie beachtet.

Porto ist toll, gar keine Frage. Aber morgen geht’s los! Das finde ich gerade im Moment noch viel toller. Yeee-Ha!

6 Gedanken zu “Caminho Português Tag 0 – Auf ins Abenteuer!

  1. Lieber Stefan, bom caminho! ich freu’ mich für Dich, dass Du Deinen Traum nun umsetzt. Was für ein schöner Beginn und dann noch solch ein Bilderbuchwetter. Wenn ich nicht letzten Monat umgezogen wäre, hätte ich mich wahrscheinlich auch auf den Weg gemacht. Dir alles Gute und bleib gesund. Ich bin gespannt auf die nächsten Berichte. LG SonjaM

    1. Liebe Sonja,

      ich hatte ja angekündigt, dass ich dieses Jahr noch etwas vorhabe 😉 …und im Nachhinein hätte es auch keinen besseren Zeitpunkt geben können!

      Traumhafte Stadt, traumhaftes Wetter, allerbeste Laune und die kommenden Tage werden noch besser – aber ich will nicht zu viel verraten. Ich will versuchen, jede Woche einen neuen Beitrag zu veröffentlichen. Mal schauen, wie ich das hinbekomme – ich habe zur Zeit richtig viel Lust zu schreiben, aber leider auch viel anderes zu tun.

      Umzug bzw. mein neuer Job waren bei mir 2019 der Hauptgrund, weshalb ich den Trip verschoben habe. Aber zum Glück läuft so ein Weg ja nicht weg.

      VLG Stefan

  2. polarbearfriend – Montreal – Ich bin eine gebuertige, waschechte und noch ihre bayerische Mundart sprechende Muenchnerin und lebe seit nun ueber 30 Jahren in Kanada, in der Provinz Québec.
    polarbearfriend

    Das ist ja ein gelungener Anfang!
    Da nur auf dem französischen Jakobsweg unterwegs war, gebe ich dir ein „Bon Camino“! mit auf den Weg!
    Viele Grüsse aus Kanada,
    Christa

    1. Hallo Christa,

      ja, der Tag war fest perfekt und eine richtig gute Einstimmung auf den Caminho.

      Ob “Guter Weg”, “Bon chemin”, “Buen camino”, “Bom caminho” oder in sonst irgendeiner Sprache – das nehme ich immer gerne an 😊 Vielen Dank!

      Liebe Grüße nach Kanada
      Stefan

  3. Lieber Stefan, selbst Camino geschädigt freue ich auf die Fortsetzung. Bringt es mich doch, zumindest Gedanklich, wieder auf den Weg. Meine Frau und meine zwei Schwestern habe ich so lange mit meinen Camino Geschichten zugetextet das sie am Ende ganz wild darauf waren ihn auch zu gehen.
    Geplant war Mai, ging aber nicht wegen Corona. Dann eben September, wieder Corona. Ich allein wäre gegangen aber die Damen wollten nicht. Und jetzt? Jetzt fährt meine Frau täglich mit der S-Bahn in den Corona Hotspot Berlin. Was für eine Ironie.
    So gesehen hast Du alles richtig gemacht und ich freue mich für Dich.
    Buen Camino
    Detlef

    1. Guten Morgen Detlef,

      sich alleine auf den Weg zu machen, war sicherlich deutlich einfacher, als mit anderen gemeinsam das “Wagnis” einzugehen. Ich muss gestehen, dass ich bei der Entwicklung in den vergangenen beiden Wochen vielleicht auch anders entschieden hätte. Ich kann Dich bzw. Euch gut verstehen. Wobei Portugal im Vergleich ja nach wie vor einigermaßen gut dasteht.

      Ich sitze gerade an dem Bericht über meinen ersten Pilgertag, den habe ich hoffentlich bis kommenden Freitag so weit, dass ich ihn veröffentlichen kann. Jede Woche einen Beitrag, das bekomme ich bestimmt hin.

      Vielen dank, viele Grüße
      Stefan

Kommentar verfassenAntwort abbrechen