13. September 2021 – Müden (Örtze) – Dehningshof (26 km)
Selten so entspannt in den Tag gestartet, und das, obwohl für HSW-Verhältnisse heute ein Mammut-Marsch ansteht. Dafür gibt es einen ganz einfachen Grund, denn dem aufmerksamen Beobachter wird nicht entgangen sein, dass es bei meiner fröhlichen kleinen Berichtsreihe einen kleinen Sprung gibt. Denn den “Tag 9” gibt es schlicht nicht. Ok, gut, natürlich habe ich keinen Zeitsprung gemacht und der Tag existierte selbstverständlich durchaus, aber zumindest nicht als mein Wandertag. Aus organisatorischen und gesundheitlichen Gründen habe ich nämlich einen Tag lang auf der faulen Haut gelegen. Aber eins nach dem anderen.
Frei nach dem Motto “Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?” habe ich meine Planung zumindest für einen Tag über den Haufen geworfen. Da es absolut unmöglich war, in der Oberoher Heide eine Unterkunft zu bekommen, hatte ich im Vorfeld ja schon das Glück, hier in Müden gleich noch eine zweite Nacht bleiben zu können. Das wäre nicht einmal ein größeres (Wander-)Problem geworden, denn bei Müden macht der HSW eine grooooooße Schleife über Faßberg und die Oberoher Heide, um dann knapp südlich von Müden, etwa auf Höhe von Hermannsburg, wieder nach Süden abzubiegen.
Die Schleife schließt sich mit einer offiziell markierten Wegvariante (die mit dem gelben anstatt einem weißen “H”). Also rein wegtechnisch alles kein Problem, auch wenn die komplette Schleife bis zurück nach Müden sehr, sehr, sehr lang wäre. Ich hatte mir daher an verschiedenen Stellen schon Abkürzungen ausgeguckt, um ein paar Meter zu sparen. Damit wäre das immer noch ein sportlicher Tag geworden, aber absolut machbar.
Pausentee
Planung ist ja immer das Eine, aber die Realität dann wiederum ganz etwas Anderes. Ich habe gestern Abend ein wenig Fußpflege betrieben und dabei auch das Blasenpflaster an meiner rechten Ferse gewechselt. Ich sag’s mal so: Was darunter zum Vorschein kam, war nicht schön. Dass ich mich momentan ein bisschen schwer damit tue, vernünftig aufzutreten und beim Gehen abzurollen, habe ich ja an anderen Stellen schon erwähnt. Durch die lange Zeit, in der ich den Fuß gar nicht belasten durfte, hat sich nicht nur die Muskulatur abgebaut, sondern auch die Hornhaut an der Ferse ist nach und nach verschwunden. Beides in Kombination ist auf einer Langstreckenwanderung nicht eben förderlich, was Druckstellen und Blasen an den Füßen angeht.
Aber alles ist immer für etwas gut. Von daher nehme ich es als positives Zeichen, dass dieses Problem erst jetzt, gegen Ende des Heidschnuckenwegs akut wird und vor allem jetzt, da ich durch die zweite Nacht in Müden auch die Gelegenheit zu einem Pausentag habe, ohne großartig umplanen zu müssen. Von daher brauchte ich überhaupt nicht lange zu überlegen, die große Schleife links liegen zu lassen und einen zwar erzwungenen, aber auch willkommenen Pausentag einzulegen.
Zumal sich Müden dafür schon ein wenig anbietet. Der Ort ist recht hübsch und zwar klein, aber groß genug, um alles zu bieten, was man so braucht. Es gibt allerdings keinen Tante Emma-Laden, denn der heißt hier Tante Hanna. Vor allem ist Müden nicht wirklich überlaufen. Sicherlich gibt es hier mehr als ein Hotel und mehrere Pensionen, aber das verteilt sich alles und so ist es hier ruhig genug, um einen Pausentag auch genießen zu können.
Ich verbringe also einen schönen, sonnigen Tag überwiegend damit, irgendwo zu sitzen, das Internet leer zu surfen (ein Buch habe ich natürlich nicht dabei), Kaffee zu trinken und die Füße ins Wasser zu halten. An der alten Wassermühle, in der die Touri-Info untergebracht ist, gibt es nämlich grundsätzlich die Möglichkeit zum Wassertreten, aber ich setze mich lieber auf den Steg daneben und lasse die Füße ins Wasser baumeln. Schon arg kalt, aber es tut unheimlich gut.
Die einzig nennenswerte körperliche Aktivität ist ein kleiner, gemütlicher Spaziergang um den Heidesee hier in Müden. Ich habe nicht genau nachgeschaut, es müssten aber um die 4 Kilometer sein, ein mal um den See rum. Das konnte ich mir nun doch nicht verkneifen, denn den ganzen Tag auf der faulen Haut zu liegen, ist nicht so meins. Am Ende des Rundwegs kehre ich dann auch gleich zum Abendessen in eine der örtlichen Lokalitäten ein. Mit einem sehr genialen Holsteiner Schnitzel und einem Berg knackiger Bratkartoffeln, dazu ein großes Bier mit Griff am Glas zum Festhalten, fülle ich mein Kaloriendefizit für heute auf jeden Fall gleich wieder mehr als auf.
H, wie Hermannsburg
Am nächsten Morgen dann starte ich richtig schön ausgeruht und gut gelaunt nach einem allerdings eher mäßigen Frühstück wieder Richtung Süden. Alle Wäsche frisch gewaschen und den Rucksack so sortiert gepackt, wie es nur geht, checke ich aus – und stehe im Regen. Ey! Das war nicht angekündigt! Als ich vom Zimmer aus eben aus dem Fenster geguckt habe, war es auch noch trocken…
Wenigstens fisselt es nur ein bisschen, es lohnt sich also nicht, jetzt wieder die Regenklamotten auszupacken. An der Rezeption wird mir zudem versichert, dass es gleich wieder aufhört. Also gehe ich gemütlich zur Brücke über die Örtze, wo ich mich in die richtige Richtung orientieren muss. Denn links geht es nach Faßberg – also in Richtung der von mir ausgelassenen Schleife – und rechts, mit dem gelben H markiert, nach Hermannsburg.
Die Strecke bis Hermannsburg ist ansprechend und führt zu weiten Teilen an der Örzte entlang. Es gibt sogar ein, zwei wirklich schicke Möglichkeiten für eine Pause und dabei direktem Zugang zum Strand. Naja, zumindest ist das Ufer flach und sandig, da könnte man prima sein Handtuch ausbreiten. Ansonsten müsst ihr mir das einfach glauben, denn meine Kamera verweigert mir ihren Dienst und ich habe keine Lust, jetzt mein Handy vorzukramen. In Hermannsburg mache ich ein Päuschen, da gucke ich, woran es hapert. Es muss ja auch mal ohne Fotos gehen.
Ich weiß wirklich zu schätzen, dass der HSW versucht, die Wohngebiete von Hermannsburg zu umgehen. An der Örtze entlang ist es um mich herum meistens grün, auch wenn es über einen gepflasterten Weg geht. Abgesehen von ein paar wenigen Spaziergängern und Radfahrern ist nichts los, vor allem muss ich mir den Weg nicht mit Autos teilen. Allerdings lässt es sich natürlich nicht ganz vermeiden, irgendwann doch in den Ort an sich gehen zu müssen, denn im “Zentrum” von Hermannsburg muss ich gleich zwei mal über die Örzte und auch die Hauptstraße queren. Danach geht es leider dann doch durch ein Wohngebiet, aber nur für etwa einen Kilometer und es hat keinerlei Verkehr.
Auch wenn ich lieber im Grünen pausieren würde, auf einer Bank neben einer Bushaltestelle stelle ich meinen Rucksack dann doch kurz ab und gucke nach meiner Kamera. Es nervt mich schon ein wenig, das sich keine Bilder schießen kann. Das Problem ist schnell behoben, irgendwie war die Speicherkarte nicht richtig eingerastet. Komisch, denn eigentlich hätte dann die Klappe gar nicht zugehen dürfen, aber egal – Hauptsache, es klappt jetzt. Die richtige Pause schiebe ich aber dann doch auf, eine Bushaltestelle reizt mich nun nicht unbedingt, um länger zu verweilen.
Ein paar Minuten, nachdem ich die letzten Häuser hinter mir gelassen habe, stehen am Wegesrand ein paar Bänke. Na, die nutze ich doch gleich für meine geplante Pause. Rundherum stehen große, alte Bäume. Nicht, dass ich die jetzt unbedingt bräuchte, denn es hat wie versprochen schon vor einiger Zeit aufgehört, zu tröpfeln und die Sonne versteckt sich auch noch hinter Wolken. Aber zusammen mit dem Ausblick auf eine (leere) Weide ist es hier eigentlich ganz nett. Geschätzt müssen es heute auch schon sieben Kilometer gewesen sein, da habe ich mir eine Pause auch verdient. Nur Kaffee gibt’s mal wieder keinen… Aber wenigstens ist das heute genau mein Wander-Wohlfühlwetter.
Auf den nächsten paar Kilometern ist die Markierung der Alternativstrecke durchaus ausbaufähig. An ein, zwei Kreuzungen waren die vorhandenen Wegweiser durchaus missverständlich und an einer weiteren Kreuzung hing gar keiner (oder ich habe ihn auch nach intensiver Suche nicht gesehen). Also muss dann doch das Handy für ein bisschen Navigation herhalten.
Am Reit und Fahrverein Hermannsburg bleibe ich auch kurz stehen und versuche mich zu orientieren. Es sieht hier nämlich alles schwer nach Privatgelände aus, aber die Wegweiser führen mich tatsächlich quer drüber. Eigentlich möchte mich der erste Wegweiser sogar quer über eine abgezäunte Pferdeweise schicken, aber die zwei riesigen Kaltblüter, die da stehen, machen mir nicht unbedingt den Eindruck, Gesellschaft zu wollen. Abgesehen davon gibt es auch kein Tor, also laufe ich drumherum und biege dann gleich dahinter wieder auf den HSW ein. Prompt laufe ich in zwei dort arbeitende Herren hinein, die gerade die Pferdeboxen ausmisten (ist der Begriff “Stallknecht” eigentlich noch politisch korrekt?) und werde direkt angesprochen. Ob ich denn bis nach Flensburg gehen würde? Falsche Richtung, erkläre ich, außerdem ist es nur noch bis nach Celle. Ja, hier würden öfter mal Leute vorbeikommen, die noch eine ordentliche Strecke vor sich hätten. Erst vergangene Woche wäre eine “junge Dame um die 70” hier gewesen, die in Konstanz am Bodensee gestartet sei und bis zum Nordkap wolle. Und vorgestern ein junger Kerl, der den E1 bis zum Mittelmeer wandert. Dagegen bin ich mit meinem HSW ja echt Kindergeburtstag.
Willkommen im Sandkasten
Gar nicht weit hinter dem Reiterhof, es geht hier ein kurzes Stück über den Radweg neben der Straße, kommt ein großer Wanderparkplatz. Hier gibt es zwar jede Menge Bänke, Infotafeln über die Heide, große Mülltonnen und sogar eine Toilette, aber natürlich kein Kiosk oder wenigstens einen Getränkeautomaten. Wie so häufig denke ich mir auch hier, wie man sich ein potentielles Geschäft einfach so entgehen lassen kann. Der Parkplatz ist ziemlich voll, es sind etwa zur Hälfte entweder ältere Ehepaare oder Familien mit Kindern unterwegs, da kann ich mir nur schwer vorstellen, dass sich hier Kaffee und Pommes nicht verkauft bekämen. Gut, wahrscheinlich wäre ich selbst mein bester Kunde…
Direkt danach biege ich in/auf die Misselhorner Heide ein. Auch wieder eine schöne, wenn auch wieder kleine, insbesondere sehr schmale Heidefläche. Der Weg führt fast genau in der Mitte durch. Allerdings habe ich für die Heide an sich fast keine Augen, denn der Weg ist sehr sandig und ich darf mich wieder darauf konzentrieren, einigermaßen koordiniert geradeaus zu laufen. Dazu kommt, dass es überraschend hügelig ist. Zwischendurch geht es in kurzen Wellen auf und ab, aber ein Bachlauf, der die Heide hier zweiteilt, hat sich erstaunlich tief in die Landschaft geschnitten, sodass ich erst runter an den Bach darf, um danach sandig und ein klein wenig steil wieder nach oben zu klettern. Quer über den Weg schauen alle paar Meter große Baumwurzeln. Um den Stolperfallen die Schärfe zu nehmen, sind sie hier, ästhetisch zweifelhaft aber effektiv, mit neonroter Sprühfarbe markiert.
Zwischendurch fängt es doch noch mal kurz an zu regnen. Natürlich genau dann, wenn gerade kein Baum in der Nähe ist, um mich unterstellen zu können. Als ich endlich einen erreiche, ist der verfügbare Platz schon ausnahmslos belegt. Es ist halt doch zu viel los hier, auch wenn sich das Volk eigentlich gut verläuft. Aber so schlimm regnet es nicht und ich beschließe, einfach weiter zu gehen. So nass werde ich schon nicht, als dass ich nicht auf den letzten paar Kilometern wieder trocknen würde. Die Schauer verzieht sich aber sowieso nach ein paar Minuten wieder.
Hinter der Heide biegt der HSW in den Wald ab. Prompt bin ich wieder komplett alleine. Es ist zwar kein besonders schöner, weil Wirtschaftswald, aber immerhin. Mir macht nur der Weg echt zu schaffen, viel zu viel Sand! Es ist ultra anstrengend und ich merke so langsam, wie sich meine Hüfte meldet. Komm schon! Die letzten Tage ging es doch auch, jetzt fang nicht so kurz vor dem Ende an, rumzuzicken! Ab und an bleibe ich stehen und dehne mich ein bisschen bzw. versuche, die Hüfte zu entkrampfen.
Da der Weg schnurgerade ist, sehe ich die nächste Schutzhütte schon aus einiger Entfernung, kann mich also schon mit ausreichend Vorlauf gedanklich auf eine längere, nötige Pause einstellen. Als ich die Hütte erreiche, stellt sich zum einen heraus, dass es eigentlich nur ein Verschlag ist, aber immerhin mit einer Sitzgelegenheit – und das reicht mir dicke. Zum anderen ist der Unterstand an sich sauber, aber daneben und dahinter ist alles vollgemüllt. Die Papierfetzen, die hier sehr zahlreich verstreut liegen, deuten darauf hin dass das hier – warum auch immer – ein bevorzugter Ort ist, um in den Wald zu sch….! Wenn’s pressiert, kann man sich das ja nicht aussuchen. Aber was stimmt mit den Leuten nicht, dass sie ihren Scheiß nicht wenigstens unauffällig verbuddeln – oder halt einfach mitnehmen? Dafür gibt es Plastiktüten, meine Güte! Aber ich versuche das in dem Moment auszublenden, denn ich habe Pause.
Ich nutze die Gelegenheit, mir meine Schuhe mal genauer anzuschauen, denn irgendwas sitzt heute noch schlechter als sonst. Und tatsächlich, durch mein sehr krummes, manchmal arg unrundes Gehen und dazu der weiche Boden, ist an der Außenseite des rechten Schuhs, also auf meiner momentan eher schlechten Seite, die Polsterung eingebrochen. Durch das schräge Aufsetzen ist der eigentliche Schuh an der Ferse quasi von der Sohle gerutscht. Ich versuche das irgendwie wieder hinzubiegen, aber da habe ich keine Chance. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als meine Ferse noch mit einer zusätzlichen Lage Tape abzupolstern, die Socke wieder zurechtzurücken und den Schuh so eng wie es eben noch sinnvoll ist, zu schnüren. Bis hierher ging es, da wird es für den Rest von heute und Morgen auch noch gehen.
Den Beitrag hier schreibe ich übrigens, während ich in der ambulanten Reha bin (ja, zwischendurch ist Zeit). Abgesehen davon, dass es durch die verschiedenen Therapien nach und nach besser wird, war das erste, was mir verschrieben wurde, orthopädische Einlagen, um besser bzw. gleichmäßiger auftreten zu können. Schönen Gruß an meinen IGeL-geilen Orthopäden an dieser Stelle…
Unmittelbar hinter meiner Sitzgelegenheit mit Dach geht es für ein kurzes Stück einigermaßen stramm den Berg hoch und ich komme ordentlich ins Keuchen. Dazu dieser elend weiche, sandige Untergrund. Ich weiche immer da wo es eben geht, nach links und rechts aus, denn da ist der Boden meist ein bisschen fester. Aber ich finde es unfassbar anstrengend, auch wenn die paar Höhenmeter eigentlich ein Witz sind.
Hinter dem Hügel wird der Wald lichter und der Weg deutlich breiter – aber er wird noch sandiger! Hier fahren die Touri-Kutschen, von denen mich zwischendurch auch ein paar überholen. Wenn schon nicht die Wagen an sich den Weg umpflügen, dann die Hufe der Pferde. Ich habe gut Lust, einfach hinten aufzuspringen, und ich mitnehmen zu lassen. Die Kutscher grüßen mich allesamt freundlich und ich grüße nicht minder freundlich zurück. Von den kutschierten Touris ernte ich höchstens versteinerte Gesichtsausdrücke. Die Stimmung auf den Wagen scheint ja ganz prima zu sein. Aber mir kann’s egal sein. Ich darf mich nur mit dem frisch aufgewühlten Weg beschäftigen. Und im Gegensatz zu dem Stück durch den Wald ist es hier total egal, ob ich direkt auf dem Weg oder nebendran wandere, denn es ist überall gleich weich. Wenn das hier wenigstens ein vernünftiger Waldweg wäre! Aber dieser breite Streifen Sand und daneben jeweils ein nicht allzu imposanter Wald bieten fürs Auge auch nicht wirklich Abwechslung. Ich kämpfe mich hier also eher durch.
Da kommt’s jetzt auch nicht mehr drauf an
Die einzige “Abwechslung” ist ein Rechtsknick, ansonsten tut sich optisch eher wenig bis gar nichts. Wenigstens geht es für die nächsten paar hundert Meter leicht bergab, dafür nicht minder schnurgeradeaus.
Als kleines Highlight wartet dann kurz vor dem Ziel noch der Angelbecksteich auf mich. Hier nehme ich doch tatsächlich einen kleinen Umweg in Kauf, um den kleinen Teich zu umrunden und auch die kleine Heidefläche hier mitzunehmen. Ich hätte auch weiter geradeaus gehen können, das wäre etwa 1 km kürzer, aber dafür halt langweilig und unspektakulär.
Der Angelbecksteich ist als großer Löschwasservorrat angelegt worden, um so etwas wie den großen Brand der Lüneburger Heide 1975 zu vermeiden oder zumindest nicht so eskalieren zu lassen. Oben an der Kante, ab der das Gelände Richtung Teich abfällt, steht der große Gedenkstein zur Mahnung und Erinnerung an diese Katastrophe. Dieser große Brand ist natürlich auch dafür verantwortlich, dass der Wald hier so arg eintönig ist – ist halt danach alles schön in Reih und Glied gepflanzt worden. Besonders natürlich ist hier nix…
Gleich neben dem Stein stehen Bänke und ich nutze die Gelegenheit – die Sonne scheint, ich bin ein klein wenig durch und, da mich am Ziel ohnehin niemand in Empfang nimmt (gleich mehr dazu), bin ich im Moment auch nicht so sehr motiviert. Also stelle ich den Rucksack ab, packe den letzten Rest meiner Wegzehrung aus, mache Pause und vor allem: Ich lege mich lang auf die Bank und döse eine Runde. Es ist gerade so richtig schön und auch richtig angenehm.
Von hier aus geht es in der kleinen Runde um den Teich und dann nur noch ein Stück geradeaus, etwa 1,5 Kilometer bis Dehningshof. Genauer gesagt, bis zum Gasthof Zur alten Fuhrmannsschänke, denn etwas anderes gibt es hier nicht.
Von den Betreibern der Fuhrmannsschänke wurde ich gebeten, doch am Tag vorher kurz anzurufen und Bescheid zu geben, was ich denn zum Abendessen möchte. Nach einem Besitzerwechsel hat das Restaurant nämlich noch nicht wieder geöffnet und es gibt nur ein Fresspaket. Das allerdings fällt mehr als üppig aus und wartet in meinem Zimmerchen auf mich bzw. im Kühlschrank des Zimmers. Auch meine Getränkewünsche stehen dort kalt.
Bevor ich ankomme, geht es noch kurz vom Wirtschaftsweg runter über eine Wiese. Das spart zwar keinen Meter Weg, aber ich finde die Idee, als Wanderer von hinten direkt an den Hof geführt zu werden, eigentlich ganz cool.
Als ich meine Wünsche fürs Abendbrot durchgegeben habe, wurde ich auch gleich mit einer Wegbeschreibung beglückt, wie ich mein Zimmer denn überhaupt finde. Das war auch durchaus hilfreich, denn ansonsten hätte ich mich wohl dumm und dämlich gesucht. Ich muss nämlich erst ums Haupthaus rum, da ist ein Nebeneingang mit einer schmiedeeisernen Türe. Dahinter die Treppe hoch, links halten, durch zwei Türen durch den Flur runter und am Ende rechts, Schlüssel steckt. Unterm Strich war das heute bei der Etappe das mit Abstand Komplizierteste.
Nach der obligatorischen Dusche und der Wäsche – ich wasche nur das, was ich morgen unbedingt noch zum Wandern brauche – überlege ich dann allerdings, was ich den Rest des Tages mache. Der Fernseher hat kein Signal, Internetempfang gibt es auch nicht und ansonsten hat alles zu. Es gibt ja nicht mal eine Möglichkeit, sich für einen Kaffee unten hinzusetzen – mein einziger Kritikpunkt. Also entschleunige ich – ich schnappe mir mein Handy und verziehe mich nach draußen, wo ich mir eine mehr oder minder gemütliche Sitzgelegenheit in der Sonne suche. Internet habe ich hier zwar auch nicht, aber Musik hören geht und ein Hörbuch habe ich auch noch gespeichert. Für den Rest des Tages ist tiefenentspanntes Rumgammeln angesagt. Zumindest, bis es dann doch irgendwann zu frisch wird, als die Sonne so langsam hinter den Bäumen verschwindet. Also döse ich noch ein Stündchen auf meinem Zimmer, bis dann der Hunger nach Abendessen verlangt.
So ohne multimediale Ablenkung hat es auch den Vorteil, dass ich mich in aller Seelenruhe meinem Reisetagebuch widmen kann, das hat es nämlich auch wieder bitter nötig. Auf die Weise schaffe ich es, die letzten Tage vernünftig nachzutragen.
Morgen will ich früh los, denn einerseits ist die Strecke bis nach Celle auch wieder ordentlich lang. Andererseits möchte ich aber auch zeitig ankommen, um danach noch ein bisschen Luft für einen Stadtrundgang zu haben. Also endet der Tag recht unspektakulär, aber dafür umso entspannter.