Mosel-Camino Tag 3 – Immer wieder, auf und nieder

10.4.2019 – Kloster Maria Engelport – Marienburg (22 km)

Aufgrund meiner außerordentlichen Performance der letzten beiden Tage, spiele ich mit den Gedanken, heute wieder ein Stück des Camino mit alternativen Verkehrsmitteln zurück zu legen. Das hängt ein wenig davon ab, wie gut ich es nach Beilstein schaffe. Von Kloster Maria Engelport aus geht es erst einmal stetig bergauf. Bis Beilstein sind es dann in etwa 6 km. Mit ein bisschen Glück geht von Beilstein aus ein Schiffchen bis Alf oder Bullay. Von dort aus ist es nur noch ein Katzensprung zu meinem nächsten Ziel, der Marienburg bei Zell.

Aber erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Beim Frühstück wieder mit den beiden Pilgern, Thomas und Bernd, zusammen gesessen. Thomas ist ein GPS-Pilger, er orientiert sich fast gar nicht an den gelb-blauen Jakobsmuscheln, sondern vertraut fast immer dem auf seinem GPS gespeicherten Track. Für Bernd geht es heute nach Hause. Er hat Wolfgang nur zeitweise begleitet. Eigentlich weiß ich gar nichts über die beiden, aber das stört mich komischerweise nicht großartig.

Eigentlich wollte ich heute recht früh los, aber ich konnte den Schlüssel zu meiner Kammer nirgendwo abgeben. Die Brüder und Schwestern waren wohl gerade in der Morgenmesse. So bin ich dann gegen kurz nach 9 mit den beiden anderen los gestiefelt, bin aber auch recht schnell zurück gefallen. Der erste Aufstieg hinter Engelport war im Grunde ganz okay, abgesehen von einer ganzen Menge umgestürzter Bäume, über die man klettern musste. Ich musste zwar auch diesmal wieder einige Male durchpusten, aber im Wesentlichen war es okay.

In Beilstein angekommen, habe ich mir im Burgcafé meinen Pilgerstempel abgeholt. Die Frage „Wohin?“ habe ich jetzt schon mehrfach gestellt bekommen. Vielleicht habe ich ja etwas übersehen, aber meine Antwort war eigentlich immer „Da wo Platz ist.“ Abgesehen davon, dass der Kollege vom Café ihn dann mittig auf eine leere Seite setzen wollte, wovon ich ihn gerade noch abhalten konnte, hat er es dann auch noch geschafft, den Stempel verkehrt herum zu setzen. Jetzt steht der heilige Jacobus auf dem Kopf. Mal was anderes. Generell finde ich es irritierend, dass ich jedes Mal gefragt werde, ob man denn das Datum dazuschreiben solle…

Im Anschluss – Karma ist eine Bitch – habe ich natürlich prompt irgendwo einen Wegweiser übersehen und bin die ganze, steile Treppe bist zum Moselufer runter gelaufen. Aber selbst wenn ich zu dem Zeitpunkt mit Bus oder Schiff hätte fahren wollen, da wäre nichts gegangen. Busse fahren vielleicht ein oder zweimal am Tag zu dieser Jahreszeit und das Schiff fährt genau einmal morgens um 9:30 Uhr. Also doch laufen, insbesondere die Treppe wieder hoch. Hmpf. Der nächste Anstieg war da schon entschieden anstrengender. Gar nicht mal weil er viel länger oder steiler gewesen wäre, sondern weil der Boden durch Wildschweine an vielen Stellen komplett aufgewühlt und ganz schwer zu laufen war. Oben angekommen gibt es ein paar hundert Meter weiter eine „Bienenstation“ bei der man sich hinsetzen kann und dabei 2 Bienenvölkern bei der Arbeit zusehen kann. Da anderen bei der Arbeit zuzusehen schon sehr entspannend ist, bin ich auch prompt eingedöst. Aber zu dem Zeitpunkt hatte ich eine längere Pause auch bitter nötig. Der Abstieg nach Bullay hat sich dann gezogen wie Kaugummi und – was ich viel schlimmer – finde auf einem recht langen Abschnitt wurde frischer Schotter verteilt. Für die Forstwirte sicher sinnvoll und hilfreich, aber zum Laufen eine Katastrophe. Vom Ortsrand in Bullay hat es sich bis ins Stadtzentrum auch noch ewig, ewig, ewig gezogen. Im Ort fand ich den Weg dazu noch wirklich unübersichtlich ausgeschildert.

Es war heute recht warm, auf den Feldern ging ein angenehmer Wind. Im Wald hingegen, bei Windstille, war es heute Nachmittag für meinen Geschmack schon fast zu schwül-warm. Ich hatte noch kurz überlegt mein Oberteil auszuziehen und nur ein T-Shirt zu laufen, verschwitzt wie ich war hätte ich mir damit wahrscheinlich den Tod geholt.

Bullay selbst ist keine Rede wert, finde ich. Also schnell über die zweistöckige Brücke und den letzten Anstieg zur Marienburg hoch. Wer mag es nicht? Da sieht man seine Unterkunft schon seit einer Ewigkeit, Luftlinie sind es vielleicht 200-300 Meter, aber zu Fuß darf man dann kurz vor dem Etappenziel noch schnell 200 Höhenmeter runter reißen. Ein Traum. Nicht.

Die Aussicht von hier oben ist dafür allerdings grandios. Insgesamt ist das Gelände sehr schön. Als ich ankam war Highlife in Dosen, da verschiedene Schülergruppen bzw. Schulklassen auch hier untergebracht sind. Ist ja schließlich auch eine Jugendbildungsstätte. Ich habe aber ein Zimmer für mich alleine und selbst auf dem Flur ist nur noch eine einzige weitere Person – Thomas. Beim Abendessen, das übrigens sehr gut war (für eine Jugendherberge sogar extrem gut), habe ich ihn allerdings nicht gesehen.

Das Wetter ist so herrlich draußen, ich werde versuchen, gleich noch einen der Liegestühle auf der Aussichtsterrasse zu ergattern, ein bisschen in die Landschaft zu gucken und zu lesen.

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