Camino Francés Tag 29 – Bisschen Mimimi

07. November 2018 – Ponferrada – Villafranca del Bierzo (25,2 km)

Ich bin ja sowas von durch. Meine Beine tun so weh, wie noch nie in den mittlerweile 4 Wochen Jakobsweg. Wenn das mal keinen ausgewachsenen Muskelkater gibt. Ich hoffe, ich bekomme diese Nacht keine Krämpfe.

Dabei hat der Tag eigentlich super angefangen. In der Herberge habe ich Gerd aus Dänemark wiedergetroffen, ihn hatte ich vor ein paar Tagen schon auf dem Weg kennengelernt. Dazu war noch ein Pilger aus Südkorea mit in der Herberge. Beide sind versehrt, Gerd plagt sich mit einem Fersensporn und der Koreaner mit einem verstauchten Knöchel. Beide werden wohl mindestens einen Tag aussetzen. Da bin ich bei meinem Sturz ja noch ganz gut weggekommen.

Da wir wieder nur so wenige in der Herberge waren, hieß es von den Hospitaleros, wir könnten ruhig ausschlafen, da es ja nicht so viel aufzuräumen und zu putzen gäbe. Top! Ich bin dann auch erst um kurz vor 8 Uhr wach geworden und habe in Ruhe gefrühstückt. Wehrmutstropfen war, dass der Kaffee in der Mikrowelle wieder aufgewärmt werden musste. Bäh… Beim aufsatteln ist mit dann einer der Einstellriemen am Schultergurt meines Rucksacks kaputt gegangen, der ist an einer Naht ausgerissen. Das Teil fällt so langsam aber sicher auseinander. Aber auch hier heißt es wieder „mit Bordmitteln repariert“. Keine Ahnung, wie lange das hält, aber es muss ja nur eine Woche durchhalten.

Den halben Vormittag hat es geschüttet, aber mein Poncho bewährt sich hier immer wieder. Aber beim durch den Regen stapfen habe ich mir heute wirklich jemanden zum Reden gewünscht. Dass ich dann nicht die Strecke an der Straße entlang, sondern die angeblich „unwesentlich längere“ Strecke über die Felder und Hügel eingeschlagen habe, war eine totale Fehleinschätzung. Erstens gab es in dem winzigen Dorf, durch das der Weg führte, exakt überhaupt nichts. Dass die steinige Schotterpiste bergauf, bergab auch noch scheiße zu laufen war, tat dann sein Übriges.

Man kommt aber an wirklich schön gelegenen Weinhügeln (…also Berge sind ja nun wirklich was anderes!) vorbei. Auf einem davon steht, zwischen ein paar riesigen Bäumen ein weißes Haus, sehr fotogen mit einem kleinen Türmchen. Auch das Licht war toll, wirklich. Nur war das einzige, woran ich beim vorbeilaufen denken konnte, wie wenig Lust ich doch habe, stehenzubleiben und meine Kamera ‚rauszukramen. Auch wenn ich mich im Nachhinein tierisch darüber ärgere – wenn das wirklich ein Grund ist, schlechte Laune zu haben, habe ich sonst keine anderen Probleme. Von daher – c’est la vie.

(Witzig – später zu Hause habe ich festgestellt, dass exakt dieses Haus mit einer wunderbaren Lichtstimmung über zwei Seiten hinweg in einem Bildband über den Camino Francés abgebildet ist, den ich zu Hause im Regal stehen habe.)

Insgesamt war das Teilstück heute weder besonders lang noch besonders schwer, aber wahrscheinlich steckt mir einfach die Etappe von gestern noch in den Knochen. Gepaart mit dem Unwillen, morgen 700 Höhenmeter abreißen zu müssen.

Ich hätte gerne ein heißes Bad. Und eine Massage.

In den Sommermonaten könnte man sich den Aufstieg morgen nach Belieben aufteilen, aber jetzt im November haben die meisten Herbergen in den kleinen Dörfern geschlossen, da ist das nicht ganz so einfach. Auf keinen, auf absolut gar keinen Fall werde ich den Camino Duro laufen. Das Wetter soll wieder schlechter werden und ich will nicht wieder so eine Schlammschlacht wie gestern. Zumindest nicht so bald. Die angeblich so tolle Aussicht kann man dann eh‘ nicht genießen, wenn man denn überhaupt etwas sieht. Da nehme ich lieber den originalen Weg, der dann mal wieder an einer Straße entlangführt.

Villafranca ist jedenfalls ein wirklich hübscher Ort. Die nett gemachte Herberge liegt mitten in der Altstadt. Im Aufenthaltsraum bollert ein Schwedenofen und ich habe ein Zimmerchen für mich alleine. Das habe ich gleich mal ausgenutzt und mich bzw. mein Zeug im ganzen Raum ausgebreitet.

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